Briefe von Frettchen


Während der Isolationshaft hat Frettchen Briefe geschrieben. Briefe, die nicht abgeschickt werden konnten, weil niemand, nicht mal der Verteidiger, mit Frettchen Kontakt aufnehmen konnte, um Dinge, wie beispielsweise eine Postadresse, mitzuteilen. Dass die Briefe erst jetzt, nachdem Frettchen frei ist, und heute auch den eigenen Besitz aus dem Knast ausgehändigt bekommen hat, veröffentlicht werden können, zeigt sehr deutlich, was Isolationshaft macht, und warum es so gerne eingesetzt wird. Es geht nicht “nur” darum, Menschen zu brechen, es geht auch darum, sie zum schweigen zu bringen. Ihre Stimme aus der medialen Berichterstattung zu entfernen. Genau darum ist es umso wichtiger, dass wir die beiden Briefe trotzdem veröffentlichen.
Die Briefe schildern teilweise Gewalterfahrungen, die Frettchen erleben musste. Überlegt euch, ob ihr gerade damit klar kommt, das zu lesen. Passt auf euch auf und lasst euch nicht erwischen.

1. Brief von Frettchen: An die Leute in Freiheit
(geschrieben Donnerstag 24.06.2021)

So jetzt bin ich hier, im Knast, in coronabedingter Isolationshaft. Das heißt ich bin 23 Stunden/Tag in meiner 5 x 1,5 Meter Zelle eingeschlossen. Wenn ich mich auf meinen Schrank setzte, kann ich durch den schmalen Streifen Fenster, der direkt unter der Decke ist, nach draußen sehen. Wenn die Sonne scheint, wird es richtig, richtig heiß in der Zelle. In meiner Akte steht, dass ich hier bin, weil ich in einer Seilbrücke zwischen 2 Bäumen gehangen haben soll, und als eine Person der Kletterpolizei mit Steigeisen an den Stiefeln auf mein Sicherungsseil getreten ist, gerufen haben soll: „Du Vollidiot, geh von meinem Seil mit mit deinem Steigeisen.“
Steigeisen, das sind spitze Messer, die an Stiefel geschnallt werden können und so scharf sind, dass sie recht leicht in Bäume eindringen, und mensch so einen Baum beklettern kann, sofern es einem egal ist, dass mensch den Baum damit verletzt. Bei Steigeisen muss die Klinge immer Richtung Boden zeigen, sonst funktionieren sie nicht, wenn also nun ein Kletterpolizist mit Steigeisen an den Schuhen auf einer Seilbrücke rumsteigt, in der eine Person gesichert ist, ist das absolut lebensgefährlich. Das Seil der Seilbrücke ist mit einem Steigeisen wirklich schnell gekappt, die Person in der Seilbrücke würde dann einfach zu Boden stürzen. Laut meiner Akte soll ich in 7 Metern Höhe gehangen haben. Ein Sturz aus 7 Metern Höhe, das kann sehr leicht tödlich sein. Schwere Verletzungen hat mensch davon aber sicherlich. All das wissen Kletteraktivistis, und wenn du das weißt, dann schreist du um dein Leben, wenn wer mit Steigeisen auf dein Sicherungsseil, das Seil an dem dein Leben hängt, tritt.
All das steht in meiner Akte, all das ist Polizei und Gericht bekannt. Trotzdem werde ich in Haft gesteckt, weil sich von meiner angeblichen Aussage irgendein Polizist beleidigt gefühlt hat. Aber das ist nun mal die Logik des Systems. Polizisten bringen dich fast um, und wenn du Angst hast und sie darauf hinweist, kriegst du ne Anzeige wegen Beleidigung. Und das bei der Kletterpolizei, die mehr darum bemüht war, irgendwelche Action-Hollywood-Filme nachzuspielen und möglichst cool und krass zu wirken, anstatt ordentlich und sicher zu klettern.
Via Twitter wurden ja einige richtig gravierende Sicherheitsfehler der Polizei zusammengetragen. Als die Person aus der Seilbrücke von der Polizei zu Boden gebracht war, hatte sie bereits einen orthostatischen Schock. Das ist ein Zustand, der auftritt, wenn einem, z.B. bei einer unsachgemäßen Kletterrämung, die Beine abgeklemmt werden und sich sauerstoffarmes Blut in den Beinen ansammelt. In so einem Fall braucht es eine spezielle Schocklagerung, welche allerdings von der Polizei nicht gemacht wurde, obwohl klare Symptome von Schock vorlagen. Als die Polizei dann anfing, die Person aus dem Wald zu schleifen, ist sie komplett kollabiert, hatte einen Kreislaufzusammenbruch, musste mit einer Trage aus dem Wald geschafft werden und wurde dem Rettungsdienst übergeben. All das unter den hämischen Kommentaren, dass eins ja selber Schuld sei und das schon ganz Recht sei.
Nach einem Aufenthalt im Krankenhaus, bei dem festgestellt wurde, dass mein Ellenbogen, gegen den getreten wurde, nicht gebrochen ist, wurde ich aufs Polizeirevier gebracht. Dort hatte der zuständige Kriminalkommissar Schneider besondere Freude daran, meinen beschädigten Arm zu verdrehen, zu biegen und mich an diesem durch die Gegend zu schleifen. Irgendwann hab ich dann gar nicht mehr versucht, die Schmerzen zu vermeiden. Das war eh aussichtslos. Nachdem sie mich ED-Misshandelt haben, wurde ich irgendwann Abends in eine Zelle gesperrt und bekam zum ersten mal an diesem Tag was zu Essen. Ein Käsebrot, da ich Vegan lebe: ein Brot.
Dann wurde mir eröffnet, dass ich vor die Haftricherin komme und ich durfte endlich den EA anrufen, um meine rechtliche Verteidigung in der Sache zu klären. Wäre ja nicht so, dass ich nicht schon den ganzen Tag auf mein Recht zu telefonieren bestanden hätte. Darüber wundern, dass so grundsätzliche Dinge wie ein rechtlicher Beistand nicht gewährt werden, tue ich mich an der Stelle schon nicht mehr.
Dann schlafen legen, alleine in einer weiß gefliesten Zelle mit Milchglasfenster. Am nächsten Morgen werde ich geweckt mit dem Kommentar, dass ich meine „Decke“ hergeben soll, weil es sonst gewalttätig wird. Na gut, dann nehmt die „Decke“. Ich höre hin und wieder Leute, die draußen Parolen rufen, und freue mich. Gegen Mittag ist dann irgendwann mein Anwalt da und wir können übers Juristische quatschen. Personalien angeben? Ne, das sehe ich gar nicht ein, da können sie mich noch so viel misshandeln. Außerdem, bei dem Tatvorwurf (Beleidigung), da musst du schon ziemlich realitätsentfremdet sein, um dafür Leute in den Knast zu stecken. Direkt nach dem Anwaltsgespräch ist Haftprüfungstermin, und erst in der Haftprüfung werden uns die Akten ausgehändigt. Natürlich wird uns keine Zeit gegeben, die Akte überhaupt zu lesen. Die sehr kurze Verhandlung ergibt: Die Richterin ist durchaus realitätsentfremdet genug und schickt mich in den Knast. Im wesentlichen dafür, dass ich mich nicht einfach still und leise von der Polizei hab umbringen lassen. Und das sind die Leute, die immer vom Rechtsstaat labern.

Danach nochmal kurz in die Gewahrsamszelle, Mittagessen und dann mit dem Gefangenentransport direkt in die JVA Stadelheim. Natürlich ohne mir meine Brille zu geben. Von dieser Sorte beiläufiger Menschenverachtung werde ich im Knast noch viel mitbekommen. Hier wird dir nichts erklärt, und wenn du irgendwas falsch machst, weil du es nicht weißt, wirst du angeschrien. Wenn du dann kein Deutsch verstehst und immer noch nicht weißt, was die von dir wollen, wirst du einfach noch etwas lauter auf Deutsch angeschrien, so lange, bis du zufällig darauf kommst, was sie von dir wollen. Bei meiner „ärztlichen Untersuchung“ wird mir mitgeteilt, Veganismus sei keine Ernährungsform, sondern eine Krankheit. Wenn du „nervst“ (was alles sein kann), wirst du angeschrien. Generell wirst du hier sehr viel angeschrien, und wenn du irgendwas willst (z.B. Zettel und Stift), wirst du überwiegend auf ein Später vertröstet oder gleich komplett ignoriert. Aber ich habs hier noch relativ gut, ich spreche zumindest Deutsch, viele Leute hier sind von Rassismus betroffen, und es kommt öfter vor, dass Leute die auf Bayerisch geschriene Befehle nicht verstehen, und dann eben „nerven“. Knast ist schon sehr rassistisch. Einmal, wenn ich mir ansehe, wie viele von Rassismus Betroffene überhaupt hier landen, und anderseits, wenn ich mir ansehe, wie viel blanken und unverschleierten Rassismus sie hier abkriegen.

Meinen ersten Abend verbringe ich mit Fernsehen, Zettel und Stift habe ich nicht bekommen. “Morgen dann.” sagen sie…. und mensch ist Fernsehen vielleicht stumpf und öde, klar etwas besser als die Wand anstarren, aber der steht hier auch nur, damit die Leute in Corona-Isolationshaft nicht komplett ausrasten. Zum Abendessen gibts Brot und Hummus. Ich freu mich, HUMMUS. Inzwischen weiß ich, dass es hier eigentlich immer Humus zum Brot gibt. Glück gehabt.
Am nächsten Morgen gibts irgendwie kein Frühstück, aber Hofgang. Vor dem Hofgang kann ich noch Zettel und Stift bekommen. ENDLICH. Es war so unglaublich nervig, Zettel und Stift zu bekommen. Ich kann barfuß zum Hofgang und spüre zum ersten Mal nach gefühlt einer Ewigkeit Natur. Nasses Gras und Kies, in einer Ecke des Hofes wächst Giersch (yeah Frühstück), es watscheln Enten im Hof herum und eins hat sogar Junge. Diese eine Stunde draußen sein ist wirklich sehr wertvoll, aber leider viel zu schnell vorbei. Danach gehts direkt zur ärztlichen Untersuchungen, die ich großteils verweigere. Ich möchte an der Stelle aus einer Anti-Suizid-Broschüre zitieren, die mir ausgehändigt wurde, für den Staat ist es nämlich ein PR-Problem, dass sich recht viele Leute umbringen, wenn sie im Knast sitzen. Anstatt damit aufzuhören, Leute einzusperren, macht mensch aber lieber Symptombehandlung:

„- Sie fühlen sich hilflos
[…]
– Sie sind überfordert und orientierungslos
– Sie haben Angst
Diese und ähnliche Reaktionen sind gerade zu Beginn der Inhaftierung nicht ungewöhnlich. […]

Sie können etwas für sich tun:
– Nehmen Sie es hin, wenn es Ihnen eine Weile nicht gut geht. […]
– Erwarten Sie nicht, dass sich Ihre Gefühle und/oder Ihre Situation allzu schnell ändern werden. Dafür hat der Mensch keinen Schalter!“

Ich könnte noch ein bisschen über die „Ärzte“ und „Psychologen“ hier schreiben, aber ehrlich gesagt beschreibt diese Broschüre ziemlich gut, wie das hier so läuft. Die „Behandlungen“ und „Untersuchungen“ laufen kein Stück anders als in der Broschüre.
Nach den Untersuchungen komme ich in Komplett-Isolation (nicht mehr Corona-Isolation, sondern Komplett-Isolation). Meine neue Zelle ist größer (5×2 Meter), hat keinen Fernseher/Radio oder sowas, dafür aber ein Fenster, das ich öffnen kann und durch das ich rausschauen kann, ohne auf irgendwelche Schränke zu klettern. Zudem habe ich ein Tisch von brauchbarer Größe und das Zimmer ist nicht total überhitzt. Alles in Allem also ein Upgrade für mich. Was allerdings richt mies ist, ist dass ich überhaupt gar keinen Hofgang bekomme. Ich bin also wirklich 24/7 in meiner Zelle eingeschlossen und nur zur Essensausgabe geht mal die Klappe auf und mir wird mein Essen gereicht. Das ist schon ziemlich mies und geht halt eigentlich so gar nicht. Die eine Stunde Hofgang ist eins der wenigen Dinge, die sie dir als Gefangener nicht wegnehmen dürfen. Wo leben wir hier nochmal? Ach ja, in einem Rechtsstaat. Manchmal schwer davon was zu merken, so hier im Knast.
Und ich weiß immer noch gar nix. Keine Zeitung, Keine Briefe, Keine Telefonate mit meinem Anwalt, nicht mal Schreiben von Gericht oder Staatsanwaltschaft. Ich weiß, dass mir Briefe geschrieben werden und ich weiß, dass mein Anwalt alles daran setzt, mit mir telefonieren zu können. Aber ich weiß auch, dass der Knast versucht, das alles von mir fern zu halten, damit ich daraus nicht noch mehr Kraft schöpfen kann, um zu kämpfen. Aber damit werden sie nicht durchkommen, weil es die vielen kleinen Lücken und Risse in ihren Mauern gibt. Risse und Lücken, von denen ich nicht schreiben will, damit sie nicht entdeckt werden, durch die ich aber immer wieder einzelne Informationsfetzen von draußen erhasche. Informationsfetzen, aus denen ich Kraft ziehen kann, genau wie aus den vielen Dingen, die all der Stahl und Beton hier nicht klein kriegt. Die Wildkräuter im Hof, der Wind, der wütend Regen durch mein offenes Fenster schleudert und mich mit kleinen Wassertropfen begrüßt, und die vielen, vielen Gesten der Menschlichkeit und des Respekts der Gefangenen untereinander. All das können sie nicht besiegen. Und ich weiß, dass ich wieder rauskommen werde. Vermutlich schon bald. Dass ich meine Füße wieder auf nasses Moos setzen werde und die Sonnenstrahlen dabei beobachte, im Laub der Bäume zu spielen. Und ich freue mich darauf, aber ich werde nicht vergessen, dass es auf dieser Welt Knäste gibt. Und ich werde nie vergessen, wie grausam und Menschenverachtend es in ihnen ist. Und ich werde dafür kämpfen, dass alle Knäste fallen.

In Kompliz*Innenschaft mit allen Gefangenen.

Frettchen

2. Brief von Frettchen: Isolationshaft
(geschrieben Samstag 26.06.2021)

Eine Zelle 5×2 Meter, ein Bett, ein Tisch, ein Stuhlt, Waschbecken, Klo, ein Schrank. Die Wände sind weiß gestrichen und an der Decke hängt eine Neonröhre, die ich nicht selbst bedienen kann. Wenn ich Licht will, muss ich fragen und hoffen, dass ich nicht „nerve“. Mein Fenster ist die ganze Zeit auf so weit es nur geht. Das was an Geräuschen, Licht und Gerüchen durch das Fenster kommt, ist das Einzige, was ich habe, was annäherungsweise an Freiheit erinnert.
Ich bin 24/7 in meiner Zelle eingeschlossen, sogar Hofgang haben sie mir gestrichen. Das dürfen sie zwar eigentlich nicht, aber das scheint hier egal zu sein. Dreimal am Tag geht die Klappe in der Tür auf und mir wird Essen gereicht. Morgens und Abends Brot mit unterschiedlichen Marmeladen, Hummus gab es schon länger nicht mehr. Mittags das, was von dem Essen zufällig vegan und allergiekonform ist. Das ist meist nicht besonders viel. Heute gab es Blaukraut mit Brot. Ich kriege nichts von draußen mit und sie schotten mich ab, so gut sie nur können. Kein Fernsehen, kein Radio, keine Zeitung. Sogar meinen Anwalt, der täglich bei mir anruft, lassen sie nicht mit mir telefonieren. Darauf angesprochen, sagen sie, ich müsste das erst beantragen, was nicht stimmt. Wenn ich es beantrage, werden meine Anträge mit einer kafkaesken Kreativität abgelehnt, die bewundernswert ist. Antrag nicht eingegangen, Antrag auf falschem Papier, muss zusammen mit dem und dem beantragt werden sonst geht es nicht, es muss ein exakter Termin vereinbart werden sonst geht es nicht, Anträge können nur morgens gestellt werden, die Telefonstelle hat jetzt Wochenende. Mir wird also sogar verweigert, mit meinem Verteidiger zu reden. Wie war das gleich mit diesem Rechtsstaat? Ich komm nicht drauf…

Mein Körper verfällt hier in eine Art Ruhemodus. Ich schlafe sehr viel. Wenn ich Dinge tue, dann kostet es mich sehr viel Energie, fast so, als wäre meine Zelle mit Wasser gefüllt und bei jeder Bewegung, ja sogar jedem Gedanken, müsste ich gegen den Widerstand des Wassers drücken. Die einzige Abwechslung, die ich habe, ist die Änderung der Geschmacksrichtung bei Tee oder Marmelade. Änderungen, die ich kaum mehr wahrnehme. So vergeht hier ein Tag wie der andere, in tödlicher seelen- und träumezerfressender Routine. Und ich müsste lügen, um zu behaupten, dass diese perfide Gewalt, diese unsichtbare Folter, nicht wirkt.
Sie wirkt, und das wissen hier alle! Ich bin noch nicht an dem Punkt, an dem ich gegen meine Zellentüre renne, immer wieder, und dabei schreiend Frage „Warum?“, wie es manche hier bereits tun. Nicht weil sie verrückt sind. Nein! Sie werden gefoltert. Sie haben einen Ort geschaffen, an dem deine Seele zerbricht und deine Träume sterben, und das schlimmste ist, sie wissen es. Noch bin ich stark, aber ich merke schon jetzt, wie meine glücklichen Erinnerungen unscharf werden und wie hinter Milchglas verschwimmen, wie einst freudvolle Gedanken zu leeren Hüllen werden, die keine Gefühle mehr bergen. Noch kann ich die Luft anhalten und überdauern, aber irgendwann muss jedes atmen. Aber es gibt hier keine Luft, nur erdrückendes Wasser, das dir kein Leben spenden kann, das, wenn du es versuchst zu atmen, dich nur noch schneller umbringt.
Gestern kamen Briefe an, zum ersten Mal. Bunte Postkarten, Fotos von Soli-Aktionen und Briefe von Menschen, die so liebe Dinge schreiben, dass ich das Gefühl habe, die Mauern um mich herum müssten zerspringen. Ich lese eure Briefe immer wieder, sie lassen mich atmen, sie lassen mich wieder fühlen, sie geben mir Kraft. Es sind die einzigen Briefe, die ich bis zu meinem Prozess bekommen werde, am Wochenende gibt es keine Post. Aber sie sind unendlich wertvoll, sie machen das Geklapper der Schlüssel und das metallische Schließen der schweren Schlösser weniger mächtig. Sie lassen mich wieder an Freiheit denken und spenden mir Kraft für die Tage, die es noch zu überdauern gilt. Gestern fuhr auch eine Fahrraddemo an der Straße vor meinem Fenster vorbei. Die Mauern sind zu hoch, ich konnte euch nicht sehen, aber ich konnte euch hören, eure Musik und eure Fahrradklingeln, und das hat gut getan.
Aber ich weiß auch, dass die meisten, die hier sind, kein starkes solidarisches Netzwerk haben, dass die meisten allein in dieser Folterhaft stecken und von der Gesellschaft vergessen werden. Ich bin Politaktivisti und mir hören Leute zu. Darum will ich vom Knast erzählen, will das in den Mittelpunkt rücken, was die Gesellschaft mit aller Macht zu verdrängen versucht. Knäste sind widerlich, unmenschlich und ekelerregend. Knäste lösen keine Probleme, Knäste verschärfen soziale Ungleichheiten. Im Knast sind nicht die Bösen, im Knast sind die Armen und Verstoßenen.

Es geht mir daher um nichts weniger als die komplette Abschaffung aller Knäste.

Frettchen