Politische Erklärung von Frettchen

Folgende Erklärung wurde während des Prozesses von Frettchen abgegeben:

Wofür stehe ich heute hier?

Laut meiner Akte befand ich mich bei der Räumung des Kasti in einem, zwischen zwei Bäumen gespanntem, Seil in 7 meter Höhe. Die Kletterpolizei, des Höheninterventionsteams ist dann zur Räumung angerückt und wohl mit Steigeisen den Baum hoch. Steigeisen, das sind sehr scharfe, nach unten gerichtete Messer, die an Stiefel geschnallt werden. Diese Messer sind so scharf, dass sie recht leicht von der kletternden Person in den Baumstamm gedrückt werden können und so ein Fußtritt entsteht. Solche Steigeisen benutzt Eins nur wenn der Baum eh gefällt werden soll, da die Messer dem Baum ziemlich zusetzen. Außer natürlich Mensch ist bei der Polizei und schert sich nicht darum, was bei einer Räumung alles kaputt gemacht wird. Über 100 Jahre alte Buchen? Scheißegal! Schließlich sind wir von der Polizei und haben eh immer recht.


Aber zurück zu der Situation der Räumung. Als ein Beamter mit seinen Steigeisen bewährten Schuhen das zwischen den Bäumen gespannte Seil, das einzige Seil an dem eine Person in 7 Metern Höhe gesichert war, betreten hat soll gerufen worden sein: “Du Vollidiot, geh von meinem Seil mit deinen Steigeisen. Trottel.” Das ist nur allzu verständlich. Steigeisen sind ziemlich scharfe Messer, ziemlich scharfe Messer, die mit dem Gewicht mit einer ganzen Person zuschneiden. Damit ist ein Seil sehr schnell kaputt. Nun stellen Sie sich vor, Sie hängen in 7 meter Höhe an einem Seil und jemand fängt an mit einem scharfen Messer an diesem Seil rumzuspielen. Sie würden um ihr Leben schreien, sie würden alles schreien nur damit das Messer von dem Seil genommen wird, an dem ihr Leben hängt. Und sie würden damit auch nur die Person meinen, die an ihrem Seil rumschnippelt. Alles andere nehmen sie gar nicht wahr. Und genau das ist es, was mir vorgeworfen wird. So etwas Menschen vorzuwerfen ist zynisch und menschenverachtend. Besonders in Anbetracht der Aktivistis, die bereits bei Kletterräumungen gestorben sind oder schwer verletzt worden sind. Es gibt Menschen, die durch von der Polizei gekappte Seile im Rollstuhl sitzen. Erst letzten Herbst gab es bei der Räumung des Dannenröder Forsts wiedermal mehrere Stürze aus Kletterstrukturen, da die Polizei Seile gekappt hat. Menschen liegen dadurch mit mehrfach gebrochener Wirbelsäule im Krankenhaus. Was bei der Räumung im Kasti passiert ist, ist also leider kein Einzelfall und kommt auch nicht von ungefähr. Das kommt von Kletterpolizeieinheiten, die mehr darum bemüht sind möglichst cool und krass zu wirken, anstatt bedacht und sicher zu klettern. Aber das Leben ist kein Actionfilm aus Hollywood, da können sich die Kletterpolizisten noch so sehr in ihren angeblichen Heldenrollen gefallen. Die Realität ist: Klettern ist gefährlich und wenn das nicht in den Köpfen der Kletterpolizisten ankommt, dann sollten sie nicht als solche eingesetzt werden. Die können dann gerne alleine in ihrer Freizeit Actionfilme nachspielen, ohne unschuldige Dritte dadurch zu gefährden.

Aber Kletterpolizisten sind nicht die einzigen die unverantwortungsvoll und kurzsichtig handeln, sie sind nur die Handlanger von Leuten die viel schlimmeres anstellen: SPD und Grüne! Damit will ich die Schuld der eingesetzten Beamten nicht kleinreden. Ich bin ganz bei Hannah Arendt, wenn sie aus ihrer Analyse, dass der Hitler-Faschismus nur durch den stummen Gehorsam durch weite Teile der Bevölkerung möglich war, schlussfolgert: “Niemand hat das Recht zu gehorchen!”. Es macht aber schon auch Sinn sich anzusehen, wer das alles angezettelt hat. Da sind wir bei der Rot/Grün regierten Stadt München, da sie die notwendigen Beschlüsse gefasst hat und ihr, über eine Stiftung, auch der Wald gehört. Zwei Parteien, die nur noch groteske Zerrbilder und Parodien der sozialen Bewegung sind, aus denen sie mal entstanden sind und von denen sie vorgeben immer noch ein Teil zu sein. Wohlgemerkt während sie Aktivistis genau aus diesen Bewegungen misshandeln lassen, in Isolationshaft stecken und vor Gericht zerren. Diese Leute sind nicht mehr Teil der sozialen Bewegung, sie haben sich zu sehr von ihrem Ursprung entfernt und sind klar mehr Teil des Problems als der Lösung. Sie sind Kriegstreiber und Umweltzerstörer, sie lassen die Menschen, die durch die Auswirkungen ihrer Politik fliehen müssen im Mittelmeer ersaufen oder schikanieren sie wo sie nur können, sollten es doch ein paar bis nach Deutschland geschafft haben. Sie bauen emsig mit an einem Überwachungs- und Polizeistaat und klammern sich Krampfhaft an ihren Wohlstand, der immer noch darauf Fußt, dass Menschen in anderen Regionen der Erde verrecken, weil sie nichts zu essen oder kein sauberes Trinkwasser haben. Das alles hat nichts mit dem Kampf um eine bessere Welt zu tun und wenn sie noch so viele rote oder grüne Farbe auf ihre Flyer, Wahlprogramme und Fahnen drucken.

Im Kasti haben mich Leute öfter gefragt, wen mensch den jetzt noch wählen soll. Meine Antwort darauf ist: Soziale Gerechtigkeit kann mensch nicht wählen, die muss mensch selber machen. Arbeiterrechte, Frauenrechte, Atomausstieg, LGBTIQ-Rechte, all das gibt es nicht weil irgendeine Partei beschlossen hätte das wäre eine gute Idee. Das gibt es weil Menschen dafür gekämpft haben, weil solange gesellschaftlicher Druck aufgebaut wurde bis Parteien es sich nicht mehr leisten konnten diese Forderungen zu ignorieren. Gleiches gilt für Gerichte. Der Hambi wurde nicht durch einen Gerichtsentscheid gerettet. Der Hambi wurde gerettet, weil über die Waldbesetzung so lange gesellschaftlicher Druck aufgebaut wurde bis irgendwann ein Gericht, das jahrelang Klagen gegen den Rodungsplan abgelehnt hatte, sich in der Position sah das nicht mehr tun zu können. Und weder Parteien noch Gerichte sind Garant für ein soziales und gerechtes miteinander. Hitler wurde demokratisch gewählt, der Holocaust wurde durch Gerichte für rechtmäßig erklärt und mitorganisiert. Es gibt keinen Grund warum diese Institutionen ähnliches nicht wieder tun würden. Was davor schützt sind starke soziale Bewegungen, die genau diese Institutionen zu gesellschaftlichem Fortschritt zwingen. Soziale Bewegungen, die aus vielen, vielen Menschen bestehen, die soziale Gerechtigkeit erkämpfen und den gesellschaftlichen Blick auf Unterdrückung, Herrschaft und Zwang schärfen. Viele Menschen die wachsam sind und sich jeden Tag für eine bessere Welt einsetzen. Und damit meine ich nicht nur die, die in Wäldern auf Bäumen sitzen, der Kampf um eine bessere Welt hat viele Gesichter. Gesichter von Menschen die unermüdlich Flugblätter verteilen oder sich vor Atom-, Kohle- oder Schlachttransportern anketten. Gesichter von Menschen die Flüchtlinge über Grenzen schmuggeln oder sich Abschiebungen in den Weg stellen. Gesichter von Menschen die Bundeswehr Fahrzeuge anzünden oder öffentliche Militärgelöbnisse und “Helden”gedenken stören. Gesichter von Menschen die mit Fahrraddemos oder Abseil-Aktionen Autobahnen lahm legen oder weiße Fahrräder aufstellen, um auf die aufmerksam zu machen, die an dieser Verkehrspolitik sterben. Und all das kostet Mut, das kostet so scheiß viel Mut. Ich kann hier nicht öffentlich dazu aufrufen, genau das zu tun, das wäre eine Straftat – ein weiterer Vorwand mit dem sie mich wieder einsperren können. Aber das muss ich auch nicht. Das muss ich nicht, weil es bereits mutige Menschen gibt, die genau das alles schon tun.

Ich bin nur eins von vielen Gesichtern, die für eine bessere Welt kämpfen, aber ich wünsche uns dass wir mutig bleiben, dass wir uns kein Scheiß erzählen lassen, weder von Polizei und Gerichten noch von Parteien und Lobbyverbänden. Lasst uns gemeinsam diese Welt verändern, jeden Tag ein klitzekleines Stückchen.